244 —
Turme lagen drei Kapellen über einander; die untere war Gott dem Vater, die mittlere Gott dem Sohn, die obere Gott dem Hl. Geist geweiht. Hier waren die Gelder Rotbarts, ein kostbarer Reliquienschrein und die Reichskleinodien verwahrt. Zn diesen gehörten die Krone, das Schwert, das Szepter, der Reichsapfel, der Mantel, die goldenen Sporen und die mit Edelsteinen geschmückten Schuhe. Im Jahre 1164 erhob Barbarossa Hagenau zu einer sreien kaiserlichen Stadt.
Wie in Hagenau, verweilte der Kaiser auch gern in Selz und in Oberehnheim, und von hier aus besuchte er oftmals das Kloster aus dem Odilienberg, wo zu seinerzeit die hochgebildete Äbtissin Herrad von Landsperg lebte.
Am Ende seines Lebens zog Barbarossa als Kreuzritter nach dem heiligen Lande. Er verließ das ihm lieb gewordene Hagenau nicht, ehe er der Stadt eine große Wohltat erwiesen. Er gründete ein Spital, „um den Hungrigen Brot, den Kranken eine Zufluchtsstätte zu geben", stattete es reichlich mit Hab und Gut aus und baute zum Dienste desselben die Nikolauskirche, ein edles Bauwerk von reinen Formen mit drei Schissen.
Als sich im deutschen Lande die Nachricht von dem Tode des Kaisers verbreitete, wollte niemand glauben, daß der Kaiser gestorben sei; es ging vielmehr die Sage, Barbarossa sitze im Kysfhänser und werde einst wiederkommen, um die Herrlichkeit des Reiches neu zu begründen. Die Elsässer konnten den Kaiser nur in ihrem Lande denken, und so verbreitete sich die Sage, er sitze unter dem Biblensteine, einem großen Felsstück auf dem Lchsenselde zwischen Sennheim und Thaun; wenn man bei ruhigem Wetter das Ohr an den Stein halte, so höre man das Knistern seines wachsenden Bartes.*)
Auch die Nachfolger Barbarossas sorgten väterlich sür das Elsaß. Besonders dankbar gedenken die Straßburger des Kaisers Philipp, des Sohues von Rotbart, der ihre Stadt unter seinen Schutz nahm und ihr Freiheit von Steuern und Diensten ans ihren außerhalb der Stadt gelegenen Besitzungen verlieh; dies war der erste Schritt zur Erlangung der Reichsfreiheit.
Kaysersberg verdankt seine Entstehung dem Hohenstaufen Friedrich Ii.; er ließ den Ort ummauern, erbaute das Schloß und erklärte Kaysersberg zur kaiserlichen Stadt.
Als dieser Kaiser im Jahre 1212 aus Italien nach Deutschland kam, um die Herrschaft und seine Besitzungen in Schwaben und Elsaß anzutreten, unterstützte ihn der Herzog Friedrich von Lothringen wider den Gegenkaiser Otto. Der Lothringer bemächtigte
*) Vergl. im Anhang das Gedicht: Friedrichssage.
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Extrahierte Personennamen: Barbarossa_Hagenau Barbarossa Barbarossa Barbarossa Barbarossa Barbarossa Barbarossas Barbarossas Philipp Philipp Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_von_Lothringen Friedrich Otto
— 32 —
wurden abgebrochen. Der erste Ammeister war Burkard Twinger. Als er starb, wurde er im Münster beigesetzt und eine Gedenktafel seiner Verdienste eingemauert. — Ähnliche Bewegungen, wie in Straßburg, traten auch in andern Städten des Elsasses, in Colmar und Hagenau, ein.
Die Judenverfolgungen.
Am Anfange des 14. Jahrhunderts hatte das westliche Europa mehrere starke Mißjahre gehabt. Im I.1313 herrschten im Elsasse verheerende Seuchen; in den folgenden Jahren traten Überschwemmungen, Mißwachs und Hungersnot ein. Aus Lothringen und Frankreich kamen zahlreiche Massen, Brot und Arbeit suchend, nach den rheinischen Landern. Dadurch vermehrte sich nur der Notstand. In Colmar starben in einem Jahre 13 000 Menschen. Durch diese Umstande gerieten die gewerbetreibenden Leute ins tiefste Elend, und damit vollständig in die Gewalt der jüdisch-m Wucherer, die ihrerseits ungeheure Summen als Schutzgelder an Bischöfe, Fürsten und selbst an die Kaiser zahlten. Allerwärts im Lande herrschte eine gehässige Stimmung gegen die Juden. Da erhob sich zu Colmar der Schenkwirt Zimperlein von Andlau, Arm-leder genannt, weil er lederne Ringe am Arme trug, und predigte, es sei im Evangelium verboten, die Juden zu schützen. Sie alle müßten mit Feuer und Schwert vernichtet werden. Bald hatte er eine große Schar Anhänger um sich gesammelt, mit denen er unter vorgetragenem Kreuze in Städte und Dörfer einzog. Überall richtete er unter den Juden ein gräßliches Blutbad an, und die Bürger sahen gar oft mit wilder Freude der Plünderung, Vertreibung und Tötung der Armen zu. Viele jüdische Väter töteten selbst ihre Kinder, damit sie nicht mit Gewalt getauft würden. Ermutigt durch seinen Erfolg trat Armleder immer kühner auf. Seine blutgierige Schar wuchs zu einem Heere an. Wenige nur trugen Degen und Spieß, die meisten waren mit Äxten, Gartenmessern, Hacken und andern Geräten bewaffnet. Selbst in größere Städte drangen die Horden und erwürgten, wen sie nur von Juden sahen. Kein Alter, kein Geschlecht wurde verschont. In Ensisheim und Rufach zählte man mehr als 1500 Hingeschlachtete. In Colmar suchten die armen Verfolgten ans der Umgegend Schutz. Da rückte Armleder vor die Stadt und ver-
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Extrahierte Personennamen: Burkard_Twinger
Extrahierte Ortsnamen: Straßburg Elsasses Colmar Hagenau Europa Elsasse Lothringen Frankreich Colmar Andlau Ensisheim Colmar
— 116 —
4. Elsaß-Lothringen hat wichtige Festungen.
Eine der stärksten Festungen ist Metz. Metz hat nicht nur einen
Gürtel von Erdwällen, Mauern und Gräben aufzuweisen, sondern ist auch
in weitem Umkreise mit einer Kette von einzelnen kleinen Festungen oder
Forts umgeben. In ganz ähnlicher Weise ist auch Straßburg befestigt.
Zur sachlichen Besprechung.
a. Welchen Zweck haben die starken Festungen des Reichs-
landes? Sie sollen den Franzosen den Einfall ins deutsche Reich
wehren, indem sie wichtige Straßen und Eisenbahnen versperren, auf
denen die Franzosen leicht ins Innere Deutschlands dringen können. Die
Straßen, die Straßburg schützt, kennen wir bereits. Nenne und zeige
sie noch einmal! Welche Wege aber schützt Metz? (Die, welche von
Frankreich aus durch Lothringen nach Mannheim, Mainz und Koblenz
führen! — Moselstraße!) — Welchen Zweck hatten diese Festungen, als
sie sich noch in den Händen der Franzosen befanden? (Sie sollten den
Deutschen den Einmarsch in Frankreich erschweren und den Franzosen
den Einsall in Deutschland erleichtern.) Freilich haben sie im letzten
Kriege diesen Zweck nicht erfüllt. Inwiefern? — Wie hat man wohl
dafür gesorgt, daß es uns in einem späteren Kriege mit unseren Festungen
nicht ähnlich geht, wie es den Franzosen 1870 mit den ihrigen erging?
(Verstärkung der Befestigungen.)
b. Hatten denn die Deutschen ein Recht, Elsaß-Lothringen
den Franzosen wegzunehmen? Gewiß? Die Franzosen hatten es
ja erst stückweise von Deutschland losgerissen. Straßburg war von
Ludwig Xiv. sogar mitten im Frieden geraubt worden.
c. Was erinnert wohl noch hente in den Reichslanden an
die französische Herrschaft? Noch heute reden viele Bewohner die
französische Sprache. Dies ist besonders in Lothringen der Fall. „Dort
erblicken wir auch in Kleidung und Lebensweise der Landbewohner noch
viel französische Art. Die Männer tragen mit Vorliebe die blaue Bluse
und die gezipfelte Mütze. Die Frauen schmücken sich gern mit der weißen
Morgenhaube und einem hellen über die Brust gekreuzten Schultertuche.
Die Wohnhäuser sind nicht sehr breit, aber von größerer Tiefe. Grüne
Holzklappläden (Jalousien) schließen die kleinen Fenster. In der Haus-
flur weitet sich ein Kamin nischensörmig aus, in dem ein kupferner Kessel
an einer Kette über dem Feuer hängt. In der Wohnstube aber fehlt
vielfach der Ofen, dessen trauliche Nähe der Deutsche so ungern vermißt."
(Schreyer.) — Allerdings ist französische Sprache und französische Art
in den Reichslanden in Abnahme begriffen. Wie erklärst du dir dies?
(Schule, Kirche, Militär, Verwaltung.)
b.
3tfl: Wie es am Sonntage, am Johannisfest und bei
Hochzeitsfeierlichkeiten in den elsäßifchen Dörfern zugeht.
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Extrahierte Personennamen: Metz Metz Metz Straßburg Ludwig_Xiv Ludwig Schreyer
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Lothringen Mannheim Mainz Koblenz Frankreich Deutschland Elsaß-Lothringen Deutschland Lothringen
54
Eine zweite Sage von Wittekind lautet: Obgleich Wittekind seinem
Pferde die Hufeisen verkehrt hatte unterlegen lassen, um seine Ver-
folger irre zu führen, so ist ihm trotzdem Karl der Große einstmals
nahe auf den Fersen. Da wird der fliehende Wittekind unglücklicher
Weise gerade durch einen breiten Graben aufgehalten; in dieser 9cot
ruft er seinem Hengste vertrauensvoll die aufmunternden Worte zu:
„Hengstchen, spring awer,
Kriegst'n Spint Halver,
Springst im nicht awer,
Freten mi und die de Rawen!"
Mit gewaltigem Sprunge setzt darauf das mutige Tier über das
Hindernis hinweg, und Wittekind ist gerettet.
Die Stadt Osnabrück in dieser sagenreichen Umgebung hat ein
hohes Alter; denn schon um das Jahr 800 ließ Karl der Große hier
einen Dom bauen, um welchen bald viele Ansiedelungen entstanden,
die im Laufe der Zeit durch Gräben, Wälle und Türme geschützt
wurden. Von den alten Befestigungswerken stehen am Walle noch
vier Türme, uuter denen der sogenannte Bucksturm, im welchem selbst
kriegsgefangene Grafen und Fürsten jahrelang eingesperrt wurden, der
merkwürdigste ist.
Das Rathaus enthält im Friedenssaale die Bildnisse der Fürsten
und Gesandten, die hier im Jahre 1648 den westfälischen Frieden
abschlössen, welcher dem dreißigjährigen Kriege ein Ende machte.
Über dem Eingange zum Rathause ist das steinerne Standbild Karls
des Großen inmitten acht anderer Kaifer angebracht, ihm zur linken
Seite steht Kaiser Wilhelm I. und zur rechten Friedrich Barbarossa.
Jetzt ist Osnabrück mit 40000 Einwohnern in der Provinz Han-
nover die zweitgrößte Stadt, und Handel und Gewerbe stehen hier in
hoher Blüte.
Aus dem Osnabrückschen wird uns viel Pumpernickel geliefert
und der berühmte, westfälische Schinken; das Wort Schinken wird aber
von den Bewohnern dieser Gegenden Skinken gesprochen nach ihrer
Gewohnheit, das sch in sk umzuwandeln.
Eine Eigentümlichkeit des Landkreises Osnabrück bilden die vielen
Kolonate, das sind einzelne Gehöfte, deren Häuser an der Giebelseite
meistens grün oder blau bemalt sind, und deren Besitzer Kolone ge-
nannt werden.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karl_der_Große Karl Karls Wilhelm_I. Wilhelm_I. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa
251
Gottes fr die Snden der Menschheit fei, welche nur durch die uersten Bumittel abgewendet werden knnte. Ein tiefes religises Gefhl gab alfo den Ansto zu dieser Bewegung und die Allgemeinheit desselben sicherte ihr eine schnelle und allgemeine Verbreitung.^) Am 1. Mrz 1349 zeigten sich Geiler in Bhmen, besonders in Prag, wenige Tage spter in Dresden, im Laufe des April in Magdeburg und Lbeck, im Mai zu Wrzburg und Augsburg, im Juni in Straburg und Konstanz, Bafel und Bern, im Juli in Frankfurt, Aachen, Mainz, Kln und den Stdten von Lothringen, Flandern, Hennegau und Hollands) Kaum eine Landschaft Deutschlands giebt es, fr welche das Auftreten von Geilern während des Frhlings oder Sommers 1349 nicht bezeugt wre. Auch Polen, Schweden, England und Frankreich fahen Geilerfcharen, doch fanden sie hier nicht die Teil-nhme, welche das deutsche Volk ihnen entgegenbrachte.3) In den einzelnen Stdten des Reichs wurden die seltsamen hageren Gestalten in hrenem Gewand, deren Krper an jedem Teile die Spuren einer martervollen Peinigung auf-wiesen, mit Neugierde und Verehrung empfangen; Glockengelute begrte die paarweise einherschreitenden Ber, welche unter Vorantragnng von Kreuzen, Kerzen und Fahnen ihre deutschen Leise" singend durch die Thore einzogen. Ihr erster Gang war zur Kirche; dort fangen sie ihren Leis, warfen sich dann kreuz-weis auf den Boden und blieben liegen, bis ihr Vorfnger den Vers anstimmte: Nu hebent uf die wern hend Daz Got daz grozze sterben wend.
Nu reggen uf die wern arm,
Um daz sich Got br vns erbarm.
Jesus, durch diner namen dri,
Du mach uns Herre vor snden fri!
Jesus durch dine wunde rot Behott uns vor dem gehen tot.
Hierauf erhoben sie sich, wiederholten aber das Niederfallen und Singen noch zweimal und verlieen erst nach dreistndiger Bubung das Gotteshaus. Zweimal des Tags, frh und gegen Abend, geielten sich die Brder, bei trocknem Wetter auf ffentlichen Pltzen, bei Regenwetter in der Kirche. Die Geiel bestand aus einem Stab mit drei Strngen, die in Knoten mit vier eifernen Stacheln endeten. Art der Geielsttte entblten sie sich bis auf die Lenden und umgrteten sich mit einem bis auf die Knchel reichenden Schurz von weier Leinwand und lieen sich dann in einer fr die verschiedenen Snder verschiedenen Stellung zur Erde satten, so, da die hingestreckten Krper einen Ring bildeten. Dann erhob sich der Meister" und fchritt der die Brder hin, indem er jeden durch einen Schlag mit der Geiel und mit den Worten Stant uf durch der reinen martel 6re Und hut dich vor der sunden mere zum Aufstehen aufforderte. Die alfo Aufgerufenen folgten dem Meister und schritten mit ihm der die Leiber der noch liegenden Gefhrten. Darauf vollzogen alle die Geielung an sich, bis der Krper mit Blut berstrmt
l) Hniger 109. 2) Siehe die Quellenbelege bei Werunsky 285 flg. Lechner
ct. a. O. 445452. 3) Vgl. die Schilderungen Closeners, des Hugo de Btlingen ut Forsch. 21, 54flg. und des Abtes Aegidius Ii Muisis bei De Snxet, Recueil
des chroniques de Flandreh, 348flg.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 405 —
ohne Wehr und Waffe davongelaufen, so daß sich nur 3090 Reiter
und 2500 Fußsoldaten in Holland um ihn sammelten. Aber
auch weiterhin war er, ungeachtet der Mahnungen seiner Mutter,
seines Bruders und seines königlichen Oheims, fest entschlossen, das
Kriegsglück zu versuchen. „Victique resurgunt" (Und die Besiegten
erheben sich wieder) schrieb er auf seine Fahnen; gemeinsam mit
Mansseld, dessen Truppen am 26. Dezember 1623 bei Oldenoyte
von Anholt zersprengt waren, setzte er den Kampf gegen die kaiser-
liche Partei fort, bis beide im Jahre 1626 ein schneller Tod dahin-
raffte.
Auf demjenigen Teile des Lohner Bruches, auf welchem der
heißeste Kampf tobte, auf dem sogenannten „Blutkampe", wurden bis
in die neueste Zeit Knochen und Waffenstücke ausgegraben. Jetzt
ist das Feld, auf dem einst so blutig gestritten wurde, zum größten
Teil entsumpft und bebaut, und nur dunkle Erinnerungen haben
sich unter den Bewohnern erhalten an das gewaltige Ereignis,
das einst sich hier abspielte.
Das Gebiet von Gronau bildete früher eine gleichnamige Herr-
schaft, das jetzt unter preußischer Herrlichkeit seit 1815 im Besitze
der Fürsten Bentheim-Tecklenburg ist. Das alte Grafengeschlecht
von Bentheim hatte seinen Sitz auf dem gleichnamigen Schlosse
im Osnabrückschen. Als seine männlichen Glieder ausstarben, fielen
die Besitzungen an den Pfalzgrafen Otto von Rheineck und als auch
dies Geschlecht erlosch, durch Vermählung der Erbtochter Hedwig mit
Eberwyn von Güterswyk oder Götterswyk an diesen, dessen Nach-
kommen in den Besitz der Grafschaft Steinfurt, der Salms-Otten-
steinfchen Güter, der Grafschaft Tecklenburg und Rheda gelangten,
und die sich in die beiden Linien Bentheim-Tecklenburg und
Bentheim-Bentheim verzweigen und 1817 vom Könige Friedrich
Wilhelm Iii. in den Fürstenstand erhoben wurden.
Im Amte Stadtlohn liegt die Land- und Psarrgemeinde Süd-
lohn mit 2881 Einwohnern, von denen 2760 katholisch, 102 evan-
gelisch, 19 jüdisch.
Die Stadt Vreden mit 1943 Bewohnern, unter denen 100
evangelisch, 53 jüdisch, an der Berkel, die von hier an für
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Extrahierte Personennamen: Otto Hedwig Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Berkel
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 355 —
gotischen Stil erbaute Rathaus ist wohl eines der schönsten in ganz
Deutschland. Seine Vorderseite mit den schönen Bogen, den Präch-
tigen Bogenfenstern, den schmucken Stufen des Giebels und den
kühn aufstrebenden Spitzen und Zinken macht einen sehr erhebenden
Eindruck. Im Hinteren Teile desselben zu ebener Erde befindet
sich der berühmte Friedenssaal. In demselben wurde am 24. Ok-
tober 1648 der westfälische Friede geschlossen, über den man fünf
Jahre lang in Münster und Osnabrück verhandelt hatte. In den
Ecken dieses altertümlichen, mit Getäfel und Schnitzwerk verzierten
Saales stehen Schwerter, Lanzen und Panzer. Auch sieht man
die Marterwerkzeuge, mit denen Johann von Leyden und seine
beiden Genossen zu Tode gebracht wurden. Von den Wänden aber
schauen in Reihen große altertümliche Brustbilder aus geschnitzten
Rahmen ernst hernieder. Es sind die Bildnisse der Gesandten, welche
den westfälischen Frieden in diesen Räumen abgeschlossen haben. Noch
jetzt liegen dort aus den Sitzen an den Wänden des Saales die
alten Polster und Decken, wie vormals, als hätte eben erst die
Gesellschaft den Saal verlassen.
Das im westlichen Teil der Stadt frei daliegende Schloß ist
erst im 18. Jahrhundert erbaut und war zur Residenz der
Bischöfe bestimmt. Doch hat es nicht viele mehr in seinen Mauern
beherbergt. Als 1803 die weltliche Herrschaft der geistlichen Fürsten
in Deutschland aufhörte, fiel die Stadt Münster mit einem großen
Teil des Bistums an Preußen; der General Blücher nahm sie
für den König in Besitz, und der Freiherr von Stein ordnete die
Regierungsangelegenheiten. Das Schloß wurde den höchsten Be-
amten der Provinz, dem Oberpräsidenten und dem komman-
dierenden General des Vii. Armeekorps, zum Wohnsitz angewiesen,
während der Bischof seinen Palast am Domplatz bezog. — Hinter
dem Schloß breitet sich der botanische Garten aus, in dem gar
viele ausländische Gewächse gezogen werden und herrliche Alleen
und Lustgebüsche sich befinden. Nicht weit vom Schloß befindet
sich der zoologische Garten, der alle westfälische Tiere und viele
ausländische beherbergt. In ihm liegen das reich ausgestattete
23*
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Johann_von_Leyden Johann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Domplatz
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 329 —
Herz ihrem elenden Leben ein Ende machte. Ihre Leichname ver-
moderten in eisernen Käfigen, die am Lambertustnrme aufgehängt
wurden. Der Bischof nahm die Stadt wieder in Besitz, aber der
evangelische Gottesdienst wurde nicht wieder hergestellt.
Von den Wiedertäufern wird noch folgende Sage erzählt:
Als sie einen König über das neue Jerusalem erwählt hatten, der
von Davids Thron aus die Welt regieren sollte, und dieser zwölf
Herzöge nach den zwölf Stämmen der Kinder Israel ernannte,
fand sich auch bald eine Judith, welche die Stadt Bethulien, d. i.
Münster, von dem sie belagernden assyrischen .Hauptmanne Holo-
fernes, d. i. von dem Fürstbischof Franz von Waldeck, zu befreien
versprach. Es war ein schönes, niederländisches Weib, welches die
gefährliche Rolle übernahm und, gleich ihrem Vorbilde, mit einer
köstlichen Haube auf ihren Haarflechten und schönen Gewändern
angethan und mit Perlen und Geschmeide geschmückt, unter den Se-
genswünschen der Ältesten die Stadt verließ und sich ins feindliche
Lager begab. Ihr Vorsatz war, gleich der Judith, zu dem Fürsten
zu kommen, unter dem Vorwande, ihm die Heimlichkeiten der Be-
lagerten zu offenbaren und Mittel und Wege anzugeben, wie er
sich leicht und ohne große Verluste in den Besitz der Stadt setzen
könne. Zugleich führte sie ein feines leinenes Hemde, welches mit
Goldfäden reich durchwirkt war, bei sich, um es dem Bischöfe
als Geschenk anzubieten. An der Innenseite des Kragens hatte
sie ein tötliches Gift verborgen, welches den Bischof, wenn er,
wie sie hoffte, das Hemd tragen sollte, unfehlbar verderben würde.
Aber dieser böse Anschlag wurde durch die Vorsicht der Wächter,
die alles, was von Münster kam, mit argwöhnischen Augen an-
sahen, vereitelt. Anstatt das Weib zum Bischof, wie es gehofft
hatte, zu führen, brachten sie es gefänglich nach Bevergern, wo
es anfangs leugnete, dann aber peinlich befragt, zum Geständnis
gebracht wurde. Nachdem der Bifchof das Todesurteil bestätigt
hatte, wurde sie bald darauf auf dem Galgenberge enthauptet, zum
warnenden Beispiel allen denjenigen, die ähnliches planen sollten.
So fand diese kleine Posse, wie bald darauf die größte des
sechzehnten Jahrhunderts, das neue Jerusalem, ein Ende mit
Schrecken.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Davids Davids Judith Franz_von_Waldeck Franz Judith
— 83 —
Torstenson und Bauer zum Siege geführt. Furchtbar waren die Greuel, die in dieser Zeit von den Truppen verübt wurden. Nicht nur bei den Landsknechten, sondern auch bei den Schweden war alle edle Sitte geschwunden, und der Ruf: „Die Schweden kommen!" verbreitete Schrecken und Entsetzen rings umher.
Die Martern, die den Bürgern und Bauern bei Erpressungen auferlegt wurden, waren wahrhaft teuflisch. Dem einen band man beide Hände auf den Rücken und zog ihm mit einer durchlöcherten Ahle ein Roßhaar durch die Zunge. Dann suchte man ihm durch Ziehen an dem Roßhaar die größten Schmerzen zu bereiten, und bei jedem Schrei, den der Unglückliche ausstieß, versetzte man ihm vier Schläge mit der Karbatsche auf die Waden. Den anderen legten sie gebunden auf die Erde, steckten ihm ein Sperrholz in den Mund und schütteten ihm einen Milchkübel voll garstiger Jauche in den Leib. Das nannten sie „einen schwedischen Trunk".
Zn diesen Greueln gesellte sich eine entsetzliche Hungersnot, die so furchtbar war, daß die Menschen Gras aßen, ja sogar Fleisch vom Schindanger holten. Dazu kam noch die schreckliche Pest, durch die ganze Dörfer ausstarben.
Wie überall im Deutschen Reiche, so sah es auch in den Mecklenburger Landen aus. Die Schweden und die Kaiserlichen (unter General Gallas) hausten gleich arg. Jene waren deswegen über Mecklenburg erzürnt, weil die Herzöge sich dem Prager Frieden angeschlossen hatten.
Durch Hungersnot und Pest kamen in Neubrandenburg 8000, in Güstrow über 16000 Menschen um. Besonders schlimm sind die Jahre 1637/38. Ganze Ortschaften wurden zu wüsten Stätten. Als 1643/44 der schwedische General Torstenson durchs Land nach Holstein zog und Gallas ihm folgte, wiederholten sich noch einmal alle Schrecken der dreißiger Jahre.
18. Friede. Endlich, im Jahre 1648, ward zu Osnabrück und Münster der Westfälische Friede geschlossen. Deutschland verlor kostbare Grenzländer, von denen die Franzosen das schöne Elsaß mit Ausnahme von Straßburg hinnahmen. Schweden erhielt die Insel Rügen und Vorpommern mit der Hauptstadt Stettin, die Bistümer Bremen und Verden. Es hatte also nicht nur die Herrschaft auf der Ostsee erlangt, sondern auch an der Nordsee festen Fuß gefaßt. Der Kurfürst von Brandenburg bekam Hinterpommern und als Entschädigung für Vorpommern die Bistümer Kammin, Halberstadt und Minden, sowie das Erzstift Magdeburg. Die Schweiz und die Niederlande wurden vom Deutschen Reiche unabhängig. Nun gehörten die Mündungen des Rheins, der Weser, der Oder und der Weichsel fremden Mächten. — Der Augsburger Religionsfriede wurde bestätigt und auch auf die Reformierten ausgedehnt. (Danklied für den Frieden, von P. Gerhardt.)
Von Mecklenburg fiel Wismar mit der Insel Poel und Neukloster an Schweden. In Warnemünde durften die Schweden Zoll erheben. Sehr gering wurde Mecklenburg dafür entschädigt; es bekam die Bistümer Ratzeburg und Schwerin und das Recht der Zollerhebung bei Boizenbnrg. Aber der Jubel über das Ende des Krieges war groß.
19. Die Folgen des Krieges, a) Das verwüstete Land. Vor dem Kriege betrug die Einwohnerzahl Mecklenburgs 300000, nachher kaum 50000. Am härtesten von allen Bewohnern waren die Bauern getroffen. Sie konnten mit ihrem verwüsteten Boden allein nichts anfangen und waren daher auf die Hilfe ihrer Grundherren angewiesen. Diese bauten ihnen nun wohl die Gebäude auf
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Kathedrale von Speyer ging zugrunde und mit ihr fielen
die Marmordenkmäler von acht Kaisern; die Särge wurden
erbrochen, die Asche in alle Winde zerstreut. Speyer
selbst und Worms wurden nach schwerer Brandschatzung
gänzlich zerstört. In Worms blieb nur der Dom stehen.
An 1200 Städte und Dörfer in den pfälzischen Rheinlanden
traf ein ähnliches Los. Die armen Bewohner wurden,
wenn sie das Ihre retten wollten, erschlagen. Überall
fand man die Leichen elender, erfrorener Menschen.
Durchwandert man die Pfalz oder den Rheingau, so
erblickt man inmitten des gesegneten Landes allenthalben
Ruinen; und fragt der Wanderer, wann das Schloß, das
Kloster, der Tempel, der Ort in Trümmer Zerfallen, so
wird die Antwort meist dahin lauten: Das haben die Fran-
zosen im Raubkriege getan. soiereder.
f 296. Die Blindschleiche.
Die Blindschleiche hat einen fußlosen, walzenrunden Körper,
wird etwa 30 cm lang und kaum so stark wie ein kleiner Finger.
Ihr Name ist ziemlich unpassend gewählt; denn obwohl das
Tier nur kleine Augen hat, so ist es doch nicht blind.
Die Blindschleiche wird gewöhnlich von Unkundigen für
eine giftige Schlange gehalten. Das Tierchen hat aber durch den
Bau seines Kopfes, namentlich durch die fest miteinander ver-
wachsenen Kiefer, mehr Ähnlichkeit mit einer Eidechse als mit
einer Schlange und von Giftzähnen und Giftdrüsen ist gar keine
Spur bei ihm zu finden. Wer also sonst keine Scheu vor solchen
Tieren hat, der kann eine Blindschleiche ohne Gefahr anfassen.
Sie stellt sich übrigens, wenn man sie ergreift, sehr unbändig,
verteidigt sich aber fast nie durch einen Biß. Sehr leicht bricht
dabei der Schwanz ab, was in dem eigentümlichen Baue des-
selben seinen Grund hat. Er besteht nämlich aus Ringen von
kurzen, kegelförmigen, hohlen Muskeln, von denen jeder mit der
Spitze in der Höhlung des folgenden steckt. Das abgebrochene
Stück bewegt sich noch lange fort, wird aber dem Tiere nicht
wieder ersetzt wie bei den Eidechsen.
Vom Mai bis September häutet sich die Blindschleiche
jeden Monat einmal. Ihre Nahrung besteht in nackten Schnecken,
Regenwürmern und glatten Raupen. Will sie einen Regenwurm
verzehren, so nähert sie sich demselben sehr langsam, befühlt ihn
meist erst mit der Zunge, sperrt langsam den Rachen auf und
ergreift ihn dann endlich. Er windet sich aus Leibeskräften; sie
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